ZWISCHEN HÖRSAAL UND RINGARENA

(Limes – Das Magazin der Hochschule Aalen/Ausgabe 1/19)
Jello Krahmer ist 23 Jahre alt und studiert im letzten Semester International Sales Management and Technology. Der gebürtige Stuttgarter betreibt neben dem Studium eine sehr erfolgreiche Karriere als Leistungssportler im Ringen beim ASV Schorndorf.

Herr Krahmer, inzwischen sind Sie im B-Kader der Nationalmannschaft und haben in der Kategorie Schwergewicht im griechisch-römischen Stil die Bronzemedaille bei der vergangenen U23 Weltmeisterschaft abgeräumt. Aber wie kommt man überhaupt zum Ringen?

JK: Mir hat es schon immer Spaß gemacht zu raufen (lacht). Seit meiner Kindheit habe ich viele Sportarten gemacht und hatte das Ringen eigentlich nie so auf dem Radar. In der Schulzeit hab ich mir mal ein Turnier angeschaut und es hat mir gut gefallen. Da war ich so in der sechsten, siebten Klasse. Ich war aber lange Zeit noch nebenher im Fußball und in der Leichtathletik aktiv. Erst mit ungefähr 16 habe ich angefangen, das Ringen ernster zu nehmen. Die anderen Sachen habe ich aufgehört.

Der Erfolg kam schnell bereits mit 19 konnten Sie zum ersten Mal an der Junioren-WM und -EM teilnehmen. 2017 folgten die zweite EM und im selben Jahr bei der U23-Weltmeisterschaft in Polen dann der ganz große Erfolg: die Bronzemedaille. Wie wird man so gut?

JK: Ich hatte schon immer ein Faible für Krafttraining und war dadurch physisch schon sehr stark. Und wenn man dann wirklich methodisch vorgeht und Zeit investiert, kann man schnell große Fortschritte erreichen. Die Trainingsqualität hat sich im Laufe der Zeit aber stark verändert.

Neun bis zehn Trainingseinheiten absolvieren Sie zurzeit pro Woche und fahren dafür auch mal quer durch Süddeutschland, um gute Trainingspartner zu finden. Alles neben dem Vollzeitstudium. Wie kriegen Sie das unter einen Hut?

JK: Man muss schon immer wieder Abstriche machen entweder Vorlesungen ausfallen lassen oder zu ungünstigeren Zeiten trainieren. Das ist schon sehr unbefriedigend. Ich werde dabei aber auch von Kommilitonen und Professoren unterstützt – an dieser Stelle möchte ich mal einen Shoutout für meinen Kommilitonen Andy Hein machen. Der ermöglicht es mir, an Trainings und Wettkämpfen teilzunehmen, indem er mir Aufzeichnungen von Vorlesungen und Infos weitergibt.

Der Sport ist bestimmt ein guter Ausgleich zum Studium – was kann man dabei außerdem für das Studium lernen?

JK: Ich bin viel stressresistenter und selbstbewusster geworden durch den Sport. Ich traue mir mehr zu und nehme Herausforderungen an. Wenn man es schafft, im Wettkampf Ruhe zu bewahren, dann ist der Prüfungsstress nur halb so wild (lacht). Außerdem lernt man natürlich, sich zu organisieren und zu planen – ich muss ja alle Termine auf dem Radar haben und mich mit Trainern und Professoren absprechen. Und man lernt durch den Sport, Durchhaltevermögen zu entwickeln.
Das Training hat mir beigebracht, einen Sinn in dem zu sehen, was ich mache. Und das ist die Grundlage, um auch mal unangenehme Zeiten durchzustehen. Neben dem Sport und dem Studium bleibt wenig Zeit für Anderes.

Wie sieht es mit weiteren Hobbys oder Freunden aus?

JK: Man muss sich bewusst sein, dass der Freundeskreis schrumpft wenn man Leistungssport und Studium miteinander verbindet. Dafür wird dann das Team zu deiner Familie und deinen Freunden. Ich freue mich schon darauf, wenn ich wieder mehr Zeit für andere Freunde habe.

Gerade schreiben Sie an Ihrer Bachelor-Arbeit, wie soll es danach weitergehen? Wollen Sie sich auf die Sportkarriere konzentrieren oder steht der Berufseinstieg an?

JK: Wenn ich könnte, würde ich gerne beides machen. Um erfolgreich zu sein, ist der Sport aber nicht mit einem Vollzeitjob vereinbar. Vom Ringen wird man nicht gerade reich. Und natürlich bekommt man nur solange Geld dafür, wie man leistungsfähig ist und das ist so bis 32 Jahre. Man braucht also auf jeden Fall etwas für danach. Aber meine Devise ist immer: Lieber eine kürzere Sportkarriere, bei der man alles versucht hat, als später etwas zu bereuen. Olympia ist natürlich die sportliche Krönung davon träumt jeder Athlet. Die nächsten Spiele sind 2020 in Tokio, 2024 dann in Paris. Dort dabei zu sein und mit auf dem Podium zu stehen, ist mein großer Traum.

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