Neuer Schorndorfer Ringer-Coach Hirt: Der Mann mit dem Titel-Gen
Von ZVW/Mathias Schwardt Ringen, Bundesliga: Erfolgreichster Teamtrainer der vergangenen Dekade coacht künftig den ASV Schorndorf
Wenn zwei Ringkampfverückte an einem Strang ziehen, kann das nur gut sein. Sedat Sevsay hat Volker Hirt zum ASV Schorndorf gelotst. Der Coach, der mit dem ASV Nendingen dreimal Deutscher Meister wurde, soll das Schorndorfer Bundesligateam titelfit machen. Dass just jetzt Weltmeister Frank Stäbler den Verein verlässt, schmerzt deshalb. Hirt sogar persönlich.
Volker Hirt hat einen Brotjob, der nichts mit Ringen zu tun hat. Das muss man wirklich betonen. Der 43-Jährige ist im Sport so omnipräsent, dass man glauben könnte, der Mann macht das hauptberuflich. Hirt ist seit 2013 Chefcoach des Württembergischen Ringerverbands und ist oft mit der Nationalmannschaft unterwegs. Er war sogar mal Verbandstrainer in der Schweiz. Hinzu kommt eine riesige Erfahrung als Vereinstrainer, Sportlicher Leiter und Vorstandsmitglied.
Und dann die Erfolge. Als Ringer wurde Volker Hirt unter anderem viermal Deutscher Meister. Als Trainer zeichnete er für WM- und EM-Medaillen sowie DM-Siege verantwortlich und feierte mit Teams Titel und Aufstiege noch und nöcher. Besonders der dreimalige Gewinn der deutschen Meisterschaft mit dem ASV Nendingen machen Hirt zum erfolgreichsten Teamtrainer der vergangenen Dekade. Im Fußball wäre er zigfacher Millionär.
Der Erfolgscoach ist selbstbewusst, wirkt aber vor allem wie ein Fan
Volker Hirt, wohnhaft in Gottmadingen am Bodensee, hat ein großes Selbstbewusstsein. Ein unsympathischer Prahlhans ist er aber nicht. Vielmehr wirkt er wie ein Fan, der seinen Sport nach vorne bringen will. Diese Leidenschaft verbindet ihn mit Sedat Sevsay, Vorstandsmitglied, Sportlicher Leiter und Trainer beim ASV Schorndorf. Die beiden kennen sich schon, seit sie selbst als Ringer auf der Matte standen.
Genüsslich erinnert sich Hirt an seine zwei Siege im griechisch-römischen Stil über Sándor Bárdosi, den Olympia-Zweiten, aus dem Jahr 2000. Oder an Erfolge über den immer noch bestens bekannten Markus Schorm. „Aber ich habe auch Kämpfe verloren“, sagt Hirt lachend.
Das Verhältnis zum ASV, zu Typen wie Lars Kern und Andreas Kusche, sei immer freundschaftlich gewesen. Den Verein hat Hirt nie aus den Augen verloren, auch weil er als Landestrainer den Schorndorfer Lokalmatadoren Jello Krahmer, Sevsays Ziehsohn, betreut. Klar, dass da auch schon oft ein Engagement im Verein diskutiert wurde. „Sedat hat oft zu mir gesagt: ,Wärst du nicht so weit weg, wäre es toll, wenn du bei uns Trainer werden würdest.‘“ Doch nicht nur die zweistündige Fahrt vom Bodensee nach Schorndorf war ein Problem. Hirt hatte sich vorgenommen, nicht mehr in der Bundesliga zu arbeiten. Bis jetzt.
Zuletzt hatte Hirt seinen Heimatverein KSV Gottmadingen von der Landesliga in die Regionalliga geführt. Doch die Saison 2020 wurde coronabedingt abgesagt. Die Schorndorfer blieben am Trainer dran, und im Januar 2021 fand ein Treffen mit Sevsay statt. Langsam packte Hirt doch wieder die Bundesligalust. Ein Mitgrund war Weltmeister Frank Stäbler.
Der war zur vergangenen Saison von den Red Devils Heilbronn, die ihre Teilnahme an der Runde abgesagt hatten, zum ASV gewechselt. „Ich kenne Frank schon ewig“, sagt Hirt. „Von 2003 bis 2006 habe ich ihn mitgecoacht und später nach Nendingen geholt.“ Im Zuge der Planung für die Saison 2021 sei Stäbler an ihn, Hirt, mit dem Wunsch herangetreten, das Schorndorfer Team zu übernehmen. „Er hat gesagt: ,Das wird meine letzte Saison als Ringer, und du bist der beste Ligacoach.‘ Wenn das von einem dreifachen Weltmeister kommt, geht das runter wie Öl.“
Doch nun ist die Enttäuschung gewaltig. Hirt kommt tatsächlich zum ASV – und Stäbler geht zurück nach Heilbronn (wir haben berichtet). Und seinen Trainingspartner Abdolmohammad Papi, ebenfalls ein Spitzenringer, nimmt er gleich mit. Hirt ist wenig entzückt: „Als ich mit dem ASV einig geworden war, habe ich Frank angerufen. Er hat sich riesig gefreut und gesagt, es sei zu 80 Prozent sicher, dass er bleibt.“ Doch dann habe Heilbronn finanziell wohl „noch was draufgesattelt“.
Der ASV will unter die besten sechs Mannschaften kommen
Hirt ist sich sicher: Mit Stäbler und Papi – vorausgesetzt, er wird wie beantragt künftig als Deutschringer und nicht mehr als Ausländer eingestuft – „wäre der Titel nur über uns gegangen“. Nun aber laute das Ziel nur noch, mindestens unter die besten sechs zu kommen. Ein weiterer Nackenschlag sei der überraschende Abschied von Ilja Klasner (zum Ligakonkurrenten KSC Hösbach). Vielleicht, grübelt Hirt, wären die Ringer geblieben, wenn sein Engagement als Schorndorfer Trainer schon früher festgestanden wäre: „Ich habe einen guten Draht zu den Topathleten.“
Immerhin: Für Halbschwergewichtler Klasner hat der ASV schon einen Nachfolger gefunden. Den Namen nennt der Coach noch nicht, aber: „Er ist um einiges stärker als Ilja.“ Vielleicht geht ja doch mehr als Platz sechs. Denn auch die Rückkehr von Karan Mosebach (für Maximilian Schwabe in der Gewichtsklasse bis 80 Kilogramm Griechisch-Römisch) bedeutet eine Verstärkung fürs Team.
Weil Bundesliga-Athleten sich anhand von Kader-Trainingsplänen fithalten, wird Volker Hirt nur zu Kampfwochenenden nach Schorndorf fahren und die Mannschaft auf- und einstellen. Für Sedat Sevsay bedeutet das eine große Entlastung. Er kann sich künftig auf seine Rolle als Sportchef konzentrieren und sich mehr der Jugendarbeit widmen. Und auch für den neuen Bundesligatrainer ist die Arbeitsteilung eine neue Erfahrung. Erstmals in seiner Karriere könne er sich wirklich ganz dem Coaching widmen, sagt Hirt. Insofern hat sich der Wechsel also schon gelohnt.
Volker Hirt ist das Jubeln gewohnt. Den ASV Schorndorf will er zu einem Team machen, das um den Titel mitkämpft.
Foto: Günter Schmid
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