Spartaner machen das Weihnachtswunder wahr / Halbfinale gegen Burghausen
Der ASV Schorndorf hat das Unmögliche möglich gemacht: Der Primus der Ringer-Bundesliga hat sich gegen das drohende Ausscheiden im Playoff-Viertelfinale gestemmt und mit einem 22:12-Auswärtssieg beim ASV Mainz 88 das Ticket für das Halbfinale gelöst. Dort wartet nun einmal mehr Serienmeister SV Wacker Burghausen. Am 4. Januar muss das Team des Trainergespanns Sedat Sevsay und Jörg Sänger zuerst beim Titelverteidiger antreten, ehe es am 11. Januar in der heimischen Grauhalde zum nächsten Showdown kommt.
Die Ausgangslage hätte nach der überraschenden 11:18-Niederlage im Viertelfinal-Hinkampf für den ASV nicht schwieriger sein können, musste man gegen den Deutschen Mannschaftsmeister der Saison 2022/23 doch einen Sieben-Punkte-Rückstand wettmachen, um ins Halbfinale einzuziehen. Schon an der Waage keimte 45 Minuten vor Kampfbeginn ein leichter Hoffnungsschimmer auf, als klar wurde, dass die Gastgeber neben ihren Weltklasse-Athleten Giorgi Meshvilishvili, Andrii Yatsenko, Giorgi Elbakidze und Timur Bizhoev gleich drei Ringer aus der zweiten Reihe ins Rennen schicken würden.
Georgios Scarpello brachte sein Team zum Einstieg in den Abend vor 1.100 Zuschauern mit 3:0 in Führung, verpasste gegen den 16-jährigen Timur Demir jedoch beim 13:2 die volle Punktzahl. Ohne Chance war im Freistil bis 130 Kilogramm Mohsen Siyar, der vom Olympiadritten Giorgi Meshvilishvili schon nach fünf Sekunden extrem überrumpelt wurde und bereits nach 1:24 Minuten vorzeitig unterlag. Da auch Ayub Musaev beim 3:3 gegen Andrii Yatsenko aufgrund der letzten Wertung einen Mannschaftspunkt abgeben musste, stand nach den ersten drei Kämpfen aus Schorndorfer Sicht ein 3:5-Rückstand zu Buche, so dass man nun in Addition gleich neun Zähler aufholen musste.
Mit dem 9:0-Punktsieg von Lucas Lazogianis gegen Ilja Klasner wendete sich dann jedoch das Blatt – mit dem in dieser Deutlichkeit nicht erwarteten Sieg ging ein sichtbarer Ruck durch die Mannschaft. „Das war fantastisch. Lucas hat mit diesem 9:0 die Weichen in Richtung Weiterkommen gestellt und wurde zum Matchwinner“, schwärmte Trainer Jörg Sänger.
Da im letzten Kampf der ersten Halbzeit Weltmeister Luis Alberto Orta Sanchez gegen Ashot Shahbazyan nach eineinhalb Minuten einen Schultersieg auf die Matte zauberte, ging der ASV mit einer 10:5-Führung in die Halbzeitpause. Der Mainzer Vorsprung in Addition beider Kämpfe war auf zwei Punkte geschmolzen, die Taschenrechner der mitgereisten Fans liefen heiß: Wer muss gegen wen wie gewinnen, damit es zum Weiterkommen reicht?
Arsenii Dzhioev, der von Mannschaftsarzt Dr. Kai Täubel kurz vor Kampfbeginn noch am Auge genäht werden musste, sorgte direkt nach der Pause mit einem Überlegenheitssieg gegen Pouria Taherkhani für den Zwischenstand von 5:14. Erstmals hatte der ASV Schorndorf die Hypothek aus dem Hinkampf abgelegt und war auf Halbfinalkurs.
Als Shamil Ustaev dann durch eine beherzte Leistung gegen den U23-Welt- und Europameister von 2022, Giorgi Elbakidze, die volle Punktzahl für die Mainzer verhindern konnte und nur 4:14 unterlag, wurde das Weiterkommen immer wahrscheinlicher – denn nun standen zwei Duelle gegen Athleten aus der zweiten Mainzer Mannschaft an, die sonst in der Rheinland-Pfalz-Liga antreten. Ahmet Yilmaz (Schultersieg gegen Marlon Vinson) und Ruslan Kudrynets (Überlegenheitssieg gegen Iosif Shahbazyan) holten jeweils die erwarteten vier Mannschaftspunkte, so dass dem ASV Schorndorf das Weiterkommen nicht mehr zu nehmen war. Als Kudrynets im vorletzten Kampf nach 4:36 Minuten seinen Sieg perfekt gemacht hatte, lagen sich alle Schorndorfer in den Armen. Die abschließende vorzeitige Niederlage von Dawid Wolny gegen den WM-Dritten Timur Bizhoev war am Ende nur noch eine Randnotiz wert.
„Die heftige Niederlage letzte Woche zuhause war für uns ein Weckruf und wir sind mit einem blauen Auge davongekommen. Mit dem Weiterkommen haben wir uns drei Tage vor Heiligabend selbst beschert und ich freue mich für die Sportler sowie für das ganze Team drumherum, dass wir auch im neuen Jahr weiter um den Meistertitel kämpfen können“, freute sich Jörg Sänger.
Das Trainerteam hatte im Vorfeld nichts mehr dem Zufall überlassen. Schon am Samstagmorgen hatten sich die Athleten und ihre Trainer und Betreuer auf den Weg nach Rheinland-Pfalz gemacht, um sich in der Halle des SV Alemannia Nackenheim in Ruhe auf den Showdown vorbereiten zu können. Jörg Sänger: „Wir konnten dort noch ein bisschen Teambuilding machen, trainieren und Gewicht reduzieren. Von dort hatten wir dann nur noch 20 Minuten Fahrt nach Mainz und sind ausgeruht angekommen. Herzlichen Dank an dieser Stelle an die Nackenheimer, dass sie uns diese Möglichkeit zur idealen Vorbereitung gegeben haben.“
Jetzt wartet im Halbfinale der Titelverteidiger SV Wacker Burghausen. In der Hauptrunde hatten die Schorndorfer mit 14:13 und 33:4 gewonnen, doch diese Siege haben für die Playoffs keine Bedeutung mehr. „Vor allem das 33:4 ist nicht repräsentativ. Wacker Burghausen ist auch in diesem Jahr richtig stark und ist nicht umsonst Serienmeister“, mahnt das sportliche ASV-Aushängeschild Jello Krahmer zur Vorsicht.
Jetzt freut man sich beim ASV Schorndorf erstmal auf die Weihnachtspause, in der alle Akteure ihre Akkus wieder aufladen können, ehe am 4.1. in Burghausen und am 11.1. in Schorndorf das Halbfinale steigt.
ASV Mainz 88 – ASV Schorndorf 12:22 (5:10):
61 kg GR: Demir – Scarpello 2:13 PS (0:3).
130 kg FR: Meshvilishvili – Siyar 19:1 TÜ (4:3).
66 kg FR: Yatsenko – Musaev 3:3 PS (5:3).
98 kg GR: Klasner – Lazogianis 0:9 PS (5:6).
71 kg GR: A. Shahbazyan – Orta Sanchez 0:15 SS (5:10).
86 kg FR: Taherkhani – Dzhioev 0:15 TÜ (5:14).
75 kg FR: Elbakidze – Ustaev 14:4 PS (8:14).
80 kg GR: Vinson – Yilmaz 0:2 SS (8:18).
75 kg GR: I. Shahbazyan – Kudrynets 0:15 TÜ (8:22).
80 kg FR: Bizhoev – Wolny 15:0 TÜ (12:22).
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