Klasner wollte den Titel
Ilja Klasner zum Abbruch der Bundesliga-Saison im Ringen und den Folgen für ihn
In Folge der neuen Corona-Maßnahmen, die seit Montag in Kraft sind, ist die Saison in der Ringer-Bundesliga mit sofortiger Wirkung abgebrochen. Heißt: es wird diesmal keinen deutschen Mannschaftsmeister geben. Überraschend kommt die Entscheidung freilich nicht mehr, hatten doch schon in den Wochen zuvor 15 von 26 Vereinen in der dreigleisigen Liga ihren Rückzug erklärt. Hart trifft das Aus auch Ilja Klasner. Der 24-Jährige in Diensten des ASV Schorndorf, der in der Jugend beim KV 95 Stuttgart in Vaihingen ausgebildet wurde seit dem vergangenen Jahr dem Nationalkader angehört, hätte gerne weitergemacht. „Ich bin richtig frustriert“, sagt Klasner. Wie es für ihn jetzt weitergeht, erzählt er in unserem Mittwochswort.
Herr Klasner, was halten Sie vom jetzigen Saisonabbruch?
Der ASV Schorndorf und ich bedauern den Saisonabbruch sehr. Es gab dieses Jahr aufgrund von Corona keinen einzigen sportlichen Höhepunkt für mich. Deshalb habe ich mich auf die Kämpfe in der Bundesliga besonders gefreut. Ich wollte gerne wissen, wo ich im Moment stehe und woran ich noch arbeiten soll. Und das erfährt man nur im Kampf. Außerdem sollen nächstes Jahr die EM und die Qualifikationswettkämpfe für die Olympischen Spiele stattfinden. Es besteht die Möglichkeit, dass ich bei dem
einen oder anderen Turnier mitmache. Für so ein Turnier brauche ich aber viel Kampferfahrung. Nun bleibt Ihnen nur Training, und auch das unter erschwerten Bedingungen. Allein Training reicht nicht aus. Aber natürlich verstehe ich auch die Entscheidung der Vereine, die gegen eine Fortsetzung gestimmt haben. Alle sind besonders auf Zuschauer angewiesen. Für eine Randsportart wie Ringen ist es äußerst schwierig, eine Saison ohne solche Einnahmen über die Bühne zu bringen.
Mit dem ASV Schorndorf waren Sie bisher Zweiter der Staffel Südost, mit 6:2 Punkten. Was wäre möglich gewesen?
Ich bin mir sicher, dass wir den Titel geholt hätten. Wir haben in Frank Stäbler einen dreifachen Weltmeister und in Hannes Wagner und Jello Krahmer zwei Bronzemedaillengewinner der vergangenen Europameisterschaften im Team, außerdem weitere Topathleten. Wir waren super motiviert und gut vorbereitet. Im ersten Heimkampf durften wird unsere Stärke noch vor 300 Zuschauern zeigen, im zweiten Heimkampf war kein Publikum mehr erlaubt. Das war sehr schade.
Als Griechisch-römisch-Spezialist in der 98-Kilogramm-Klasse wären Sie selbst erst in der Rückrunde zum Zug gekommen. War nun alles umsonst?
Ein Training ist nie umsonst. Es ist zwar echt schwierig, sich immer aufs Neue zu motivieren, wenn man nicht weiß, was als Nächstes passiert, was stattfindet oder wieder kurzfristig abgesagt wird. Ich werde aber trotzdem auf keinem Fall den Kopf hängen lassen. Ich will nächstes Jahr bei der EM eine Medaille gewinnen und mich für Olympia qualifizieren. In so einer schweren Zeit muss man Verbissenheit und Durchhaltevermögen zeigen.
Welche Folgen hat der Saisonabbruch für das Ringen im Allgemeinen?
Es ist immer schwierig, wenn eine Randsportart aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwindet. Konkrete Folgen kann ich aber nicht abschätzen.
Wo haben Sie Ihre Sporttasche im ersten Frust verstaut? Ganz hinten im Schrank?
(lacht) Meine Sporttasche liegt jeden Tag bereit. Der Abbruch hat keinen Einfluss auf meine weitere Vorbereitung. Da ich seit September 2019 in der Spitzensportförderung der Polizei Baden-Württemberg bin, ist es mittlerweile mein Job, zu trainieren. Als Profisportler hat man nie eine Verschnaufpause.
Das Interview führte Susanne Degel für die STZ/Ausgabe: 05.11.2020
Foto: Günter Schmid
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