Dreifacher Weltmeister Frank Stäbler ringt in der neuen Saison für den ASV Schorndorf

Von ZVW/Thomas Wagner:
Der beste deutsche Ringer ist dreifacher Welt- und zweifacher Europameister. In einem zur Trainingshalle umfunktionierten Hühnerstall im heimischen Musberg auf den Fildern bereitet sich Frank Stäbler auf die Olympischen Spiele im nächsten Jahr in Tokio vor. Bei einer Pressekonferenz am Sonntag verkündete der 31-Jährige, wo er sich die nach der Corona-Pause nötige Wettkampfhärte holen möchte. Beim ASV Schorndorf. Corona macht allen zu schaffen, natürlich auch den Sportvereinen. Der eine oder andere bangt um seine Existenz. Auch der Ringer-Erstligist ASV Schorndorf hat lange gezittert, von Einbußen in Höhe von etwa 70 000 Euro sprachen die Verantwortlichen. Die Stadt Schorndorf gewährt deshalb einen Sonderzuschuss von 20 000 Euro. Und vor ein paar Tagen starteten die Ringer zudem ein Crowdfunding-Projekt, mit dem sie weitere 30 000 Euro sammeln möchten.

Stäblers Verein tritt nicht an, der ASV nutzt die Gunst der Stunde
Doch wie passt es da, in einer so schwierigen Lage den erfolgreichsten deutschen – und vermutlich nicht ganz günstigen – Ringer nach Schorndorf zu holen? Es sind mehrere glückliche Fügungen, die dem ASV den Coup ermöglicht haben. „Vor vier, fünf Wochen hat das keiner für möglich gehalten, dass Frank für die Spartaner auf die Matte gehen wird“, sagte Sedat Sevsay, Vorstandsmitglied und Trainer des Bundesligateams, bei der Pressekonferenz. Nachdem Stäblers Verein jedoch entschieden hatte, aufgrund der unsicheren finanziellen Lage auf die Bundesligasaison zu verzichten, stand der Weltmeister plötzlich ohne Club da – und der ASV brachte sich ins Spiel. „Es war aber klar, dass wir keinerlei finanzielles Risiko eingehen werden und können“, so Sevsay. „Das wäre nicht darstellbar. “Also brauchte es einen Sponsor – und am besten einen, der mit dem Verein eng verbunden ist. „Ringen ist eine faszinierende Sportart, und der ASV ist mein Herzensverein“, sagte das ASV-Urgestein Hans-Jörg Stängle, Geschäftsführer bei der Remstal Assekuranz und einer der Schorndorfer Partner. „Ich denke, ein Markenbotschafter wie Frank Stäbler steht uns ganz gut zu Gesicht.“

Stäbler hat Probleme mit der Schulter
Mindestens für die kommende Saison möchten sich die Schorndorfer Stäblers Dienste sichern. „Am liebsten auch noch ein weiteres Jahr“, so Stängle, der allerdings gar nicht so weit nach vorne blicken möchte. „Wir wissen ja nicht, was Corona noch alles bringt. Und wir wissen nicht, ob Franks Schulter hält.“ Eine Schultereckgelenksprengung macht Stäbler derzeit zu schaffen. Operiert werden muss er nicht, die Verletzung wird konservativ behandelt. „Mein Körper fängt so langsam an zu rebellieren“, sagte Stäbler. Er werde jedoch alles daransetzen, schnell fit zu werden. Und er wolle auch ein Vorbild sein. „Die Leute geben heute oft viel zu früh auf. Ich will in Tokio meinen Frieden finden mit Olympia.“

Jagd auf den vierten Stern
Eigentlich wäre Stäblers internationale Karriere schon vor zweieinhalb Wochen zu Ende gegangen. Weil die Olympischen Spiele aber auf 2021 verschoben wurden, muss Stäbler ein Jahr dranhängen. Kurz vor dem Lockdown holte sich der Musberger im Februar in Rom, bei einem der wenigen – sportartübergreifenden – Titelkämpfe, seinen zweiten EM-Titel. „Ich denke, ich habe jetzt gute Chancen, Sportler des Jahres zu werden“, witzelte Stäbler.

Nur fünfmal stand er in den ersten acht Monaten des Jahres auf der Matte. „Da fehlt einfach das Feeling. Hilfreich wäre es, wenn ich auf ein Zwischenziel hinarbeiten könnte.“ Noch aber ist nicht geklärt, ob die WM im Dezember in Serbien und die Europameisterschaft im Februar in Polen stattfinden werden. „Ich würde gerne den vierten Stern jagen“, so der dreimalige Weltmeister.

Ein Weg durch die Hölle
Sollte es eine WM geben, würde Stäbler hier in der Gewichtsklasse bis 72 Kilogramm antreten. Bei den Olympischen Spielen indes bis 67 Kilogramm. Das heißt, Stäbler müsste ordentlich Gewicht verlieren und zusehen, dennoch leistungsfähig zu bleiben. „Das wird ein dreieinhalbmonatiger Weg durch die Hölle.“

Zuvor indes muss sich Stäbler auf den Weg nach Schorndorf machen. Acht- bis zehnmal möchte Stäbler für den ASV in der Bundesliga ringen. „Ich bin sehr glücklich, dass es geklappt hat“, sagte Stäbler. „Der ASV wird mein neues Zuhause. Wir haben ein unfassbar starkes Team beisammen, es ist viel möglich für den ASV.“

Drei deutsche Top-Ringer und ein klares Ziel: Halbfinale
Das sieht auch Sedat Sevsay so, der sich in der Bundesligasaison das Halbfinale als „Zwischenziel“ gesetzt hat. Mit Frank Stäbler, Hannes Wagner und Jello Krahmer stünden drei deutsche Top-Ringer im Kader. Was in Corona-Zeiten besonders von Vorteil sei. „Wir setzen auf deutsche Athleten und möchten es nach Möglichkeit vermeiden, ausländische Ringer übers Wochenende einzufliegen.“

So oder so: Den Fans dürfte einiges geboten werden. Wie viele es sein werden, ist noch unklar. „Wir haben jetzt unseren Dauerkartenverkauf gestartet, auf 200 streng limitiert“, so Sevsay. Ein Jammer sei’s freilich, dass wegen Corona deutlich weniger Zuschauer vor Ort sein dürften. „Möglicherweise werden wir einen Streamingdienst einsetzen, damit die Kämpfe des ASV in alle Wohnzimmer der Welt kommen.“

FRANK STÄBLER
Frank Stäbler wurde am 27. Juni 1989 in Böblingen geboren. Bereits mit fünf Jahren begann er, beim TSV Musberg (Stadtteil von Leinfelden-Echterdingen) zu ringen. Stäbler absolvierte eine Ausbildung zum Bürokaufmann und Fachinformatiker. Er lebt in Musberg, ist verheiratet und hat eine Tochter. Bereits in der Jugend sammelte Stäbler Titel bei deutschen Meisterschaften. 2013, 2015 und 2018 wurde er bei den Aktiven Deutscher Meister, mit dem Team holte er 2015, 2016 und 2017 den Titel. Aufgrund diverser Verletzungen war Stäbler nicht bei allen Meisterschaften am Start. Die ersten internationalen Erfolge feierte der Musberger bei den Junioren: 2006 in Istanbul und 2009 in Tiflis reichte es zu Bronze bei der Europameisterschaft, 2009 holte er bei der Weltmeisterschaft in Ankara ebenfalls die Bronzemedaille. Bei den Erwachsenen gab’s bei Europameisterschaften zweimal Gold (2012 in Belgrad und 2020 in Rom) und einmal Bronze (2014 in Vantaa). Dreimal wurde Frank Stäbler Weltmeister: 2015 in Las Vegas, 2017 in Paris und 2018 in Budapest – und das in unterschiedlichen Gewichtsklassen. Das hat kein Ringer außer Stäbler geschafft. Hinzu kommen zwei dritte Plätze in Budapest (2013) und Nur-Sultan (2019). Stäbler war für drei Vereine aktiv: Musberg, Weingarten und Heilbronn. Der ASV Schorndorf ist sein vierter – baden-württembergischer – Verein.

Link zum Bericht in der ZVW:

Foto: Günter Schmid

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